Und wieder eine Kleine Anfrage, diesmal in Schleswig-Holstein. Und obwohl Herr Dornquast von der CDU mit der Anfrage das “Projekt S21” wohl eigentlich befeuern wollte, entpuppt sich die Antwort der Landesregierung als das vollkommene Gegenteil.
Auslöser war ein Artikel im Norderstedter Teil des Hamburger Abendblattes mit dem Titel Fahrgäste der AKN sind zunehmend genervt. In dem Artikel ging es um überfüllte Züge auf der AKN-Linie A1. Die Pendler monieren die lange Fahrzeit von und nach Hamburg und die vielen Haltestellen auf der Strecke. Eine Entlastung sei erst mit Realisierung der S21 bis Kaltenkirchen in Aussicht. Aber ist das wirklich so?
Die Antworten der Landesregierung lassen nur einen Schluss zu: Nein!
Denn folgendes wird festgestellt:
- Es gibt lediglich 8 von täglich 135 Zügen, die nur im Bereich zwischen Hamburg-Burgwedel und Hamburg-Eidelstedt eine Sitzplatz-Auslastung von über 100% haben (was bedeutet, dass Fahrgäste stehen müssen).
- Die Situation überfüllter Züge zur Hauptverkehrszeit wird im HVV-Bereich als Normalfall angesehen.
- Aufgrund der langen Fahrzeit der AKN im Verhältnis zur Nutzung der Autobahn A7 ist das Verlagerungspotenzial von der Straße auf die Schiene kaum vorhanden.
- Die derzeitige Baustellensituation auf der Autobahn hat zu keinem maßgeblichen Anstieg der Pendlerzahlen bei der AKN geführt.
- Eine umfangreiche Takterhöhung wird nicht angestrebt.
Und was ist wenn die S21 fährt?
Dadurch, dass der Bahnhof Hamburg-Elbgaustraße von der S21 zur Hauptverkehrszeit nicht mehr angefahren wird, ist es nötig, die Pendlerströme in die umliegenden Bereiche umzuleiten. Dies sind die heute eh schon stark frequentierten Bahnhöfe zwischen Hamburg-Burgwedel und Hamburg-Eidelstedt. Man rechnet in diesem Bereich mit einem Fahrgastanstieg von etwa 95%, der sich fast ausschließlich aus der Umleitung der Pendlerströme ergibt. Die Züge der S‑Bahn haben jedoch lediglich 10% mehr Sitzplätze als die AKN (190 statt 172). Die S21 wird daher ab (stadteinwärts) bzw. bis (stadtauswärts) Hamburg-Burgwedel aus allen Nähten platzen.
Trotz massiver Bauarbeiten und Staus auf der A7, gelingt es derzeit nicht, Pendler für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu begeistern. Und ab 2018 soll der Ausbau auf 3 Spuren je Fahrtrichtung abgeschlossen sein. Selbst wenn die S‑Bahn künftig etwa 5 Minuten schneller sein sollte (was eh nur für Pendler zuträfe, die spätestens in Henstedt-Ulzburg in die Bahn nach Hamburg zusteigen), wird die Strecke von der Fahrzeit her leider derart unattraktiv bleiben, dass kaum jemand vom Auto auf die Bahn umsteigen wird. Erst recht nicht, wenn die Züge dermaßen überfüllt sind.
Mit Realisierung der S‑Bahn wird mit “Schnelsen-Süd” zudem noch eine weitere Haltestelle gebaut werden, was die gefühlte Fahrzeit nur noch verlängert. Und da im Projekt S21 auch keine maßgeblichen Takterhöhungen vorgesehen sind, wird sich für die Berufspendler mit der S‑Bahn kaum nennenswertes verbessern.
Das Einzige, was bei dem ganzen Projekt noch verlockend klingt, ist der Wegfall des Umstiegs auf dem Bahnhof Eidelstedt. Aber es darf die Frage erlaubt sein, ob dies über 100 Millionen Euro und die dauerhafte Verschandelung schöner Landschaften, Städte und Gemeinden mit Masten und Hochspannungsleitungen rechtfertigt.
Wäre ein Renovierung des Bahnhofs Eidelstedt oder eher noch ein Anschluss der AKN an den neu geplanten Großbahnhof Altona-Nord nicht billiger und zielführender? Oder wäre der Einsatz moderner Hybrid-Fahrzeuge (Wasserstoff/Gleichstrom) in Zeiten der Energiewende nicht ein zukunftsweisendes Signal für die Stadt Hamburg, die mal den Titel “Umwelthauptstadt Europas” trug?