Projekt S21 — Ein Überblick

Die Planungen

  • Die AKN-Lin­ie A1 soll durch die S‑Bahn-Lin­ie S21 auf der Strecke Eidel­st­edt-Kaltenkirchen abgelöst wer­den. Die S21 wird dann von Kaltenkirchen via Damm­tor bis Aumüh­le pendeln.
  • In der Hauptverkehrszeit fährt die S21, wie bish­er, im 10-Minuten-Takt bis Quick­born und ab dort im 20-Minuten-Takt bis Kaltenkirchen.
  • In der Neben­verkehrszeit fährt die S21 im 10-Minuten-Takt abwech­sel­nd nach Elb­gaus­traße bzw. nach Kaltenkirchen.
  • Als Aus­gle­ich für das reduzierte Bedi­enungsange­bot zwis­chen Eidel­st­edt und Elb­gaus­traße wird eine kom­plett neue Lin­ie, die S32, einge­führt. Diese fährt auss­chließlich in der Hauptverkehrszeit und wird zwis­chen Elb­gaus­traße und Ham­burg-Haupt­bahn­hof (später voraus­sichtlich bis Har­burg) verkehren.
  • Tak­ter­höhun­gen im Ver­gle­ich zur bish­eri­gen A1 sind für Son­ntags (von 40 Minuten auf 20 Minuten) vorge­se­hen. Fern­er gibt es einige zusät­zliche Fahrten nachts am Wochenende.
  • Ein Teil der noch ein­spuri­gen Bere­iche (ein kurzes Stück Höhe Eidel­st­edt sowie die Strecke zwis­chen den Bahn­höfen Quick­born und Eller­au) wer­den zwei­gleisig ausgebaut.
  • Die gesamte Strecke ab kurz hin­ter Eidel­st­edt bis Kaltenkirchen soll mit Ober­leitun­gen elek­tri­fiziert wer­den. Von Eidel­st­edt bis Aumüh­le fährt die S‑Bahn an der vorhan­de­nen Gleichstromschiene.
  • Für die Bedi­enung der Strecke ist die Anschaf­fung neuer Züge (ET490.2) nötig. Diese sind mit zusät­zlichen Stromab­nehmern Span­nung­sum­richtern aus­ges­tat­tet, um sowohl an der Strom­schiene (Gle­ich­strom), als auch an der Ober­leitung (Wech­sel­strom) fahren zu können.
  • Die Bahn­höfe ent­lang der bish­eri­gen Lin­ie A1 wer­den baulich erweit­ert, um die län­geren S‑Bahnen (max­i­mal als Vol­lzug) voll­ständig aufnehmen zu können.
  • Der Plan­fest­stel­lungs­beschluss wird für 2020 erwartet. Baube­ginn soll etwa 2022 sein. Mit ein­er Fer­tig­stel­lung wird 2025 gerech­net. (Stand: 10/2018)

Bild: Muster eines USAR-Plans mit S21 und S32 (zum Vergrößern auf das Bild klicken)

 

Die Hoffnungen

“Umsteige­freie Fahrt von Kaltenkirchen bis Hamburg-Hauptbahnhof.”
Nur teil­weise richtig! In den Genuss der Umsteige­frei­heit kom­men nur diejeni­gen, die ein Fahrziel ent­lang der Lin­ie S21 haben. Ein großer Teil (~50%) der Fahrgäste aus Rich­tung Kaltenkirchen nutzt jedoch die Lin­ie S3 und wird somit auch weit­er­hin in Eidel­st­edt umsteigen müssen.
Und da in Rich­tung Kaltenkirchen zur Neben­verkehrszeit nur jed­er zweite Zug (alle 20 Minuten) über Eidel­st­edt nach Kaltenkirchen fährt, wird auch hier, wie bish­er, ein Teil der Fahrgäste in Eidel­st­edt auf den Fol­gezug warten müssen. Das Gle­iche gilt für Quick­born in der Hauptverkehrszeit, da nur jed­er zweite Zug (alle 20 Minuten) über Quick­born hin­aus bis Kaltenkirchen weiterfährt.
Fern­er gibt es heute täglich mehrere Züge die direkt von Eidel­st­edt nach Neumün­ster oder von Neumün­ster bis Eidel­st­edt bzw. sog­ar bis zum Ham­burg­er Haupt­bahn­hof durch­fahren. Da die S21 jedoch nur bis Kaltenkirchen elek­tri­fiziert wird, ist dann immer ein Umstieg in Kaltenkirchen von und nach Neumün­ster nötig.

 

“5 Minuten kürzere Fahrtzeit von Kaltenkirchen nach Ham­burg-Eidel­st­edt und zurück.”
Falsch! Tat­säch­lich beträgt die einges­parte Fahrzeit Rich­tung Ham­burg max­i­mal 1:30 Minuten und in Rich­tung Kaltenkirchen max­i­mal 4:30 Minuten (Bedin­gung: Ein­stieg vor Eidel­st­edt und Ausstieg nach Ulzburg-Süd).

Bild: Fahrzeitgewinne Richtung Kaltenkirchen und Richtung Hamburg (zum Vergrößern auf das Bild klicken)

Stattdessen gibt es eine deut­liche Fahrzeitver­längerung für Fahrgäste der Lin­ie S3. Etwa die Hälfte der Fahrgäste nutzt bish­er den Umstieg in Eidel­st­edt auf die Lin­ie S3 (Rich­tung Altona, Jungfern­stieg, Stadthaus­brücke). Für diese Fahrgäste wer­den sich die Wartezeit­en auf den Anschlusszug deut­lich ver­längern (kün­ftig 6 statt bish­er 2 Minuten).

Auch gibt es Fahrzeitver­längerung für viele Fahrgäste aus Lurup, Sch­ene­feld und Umge­bung der Hal­testelle Elb­gaus­traße, da diese auf die umliegen­den Bahn­höfe der S21 umgeleit­et wer­den. Dies passiert durch den Ver­schwenk von Buslinien.
 
 
“Endlich mehr Sitz­plätze und keine über­füll­ten Züge mehr.”
Falsch! Der Zug der AKN (Mod­ell “LINT54”) ver­fügt über 172 Sitz­plätze, 166 Steh­plätze und viel Platz für Roll­stüh­le, Kinder­wa­gen oder Fahrräder. Die S‑Bahn (Mod­ell “ET490.2”) ver­fügt über 172 nor­male Sitz­plätze, 18 Klapp­sitz­plätze und 279 Steh­plätze. Dies ergibt eine Erhöhung der Sitz­plätze um etwa 10% (+18) und der Steh­plätze um 68% (+113) zu Las­ten des Platzange­bots für Roll­stuhlfahrer, Kinder­wa­gen und Fahrräder. Ins­ge­samt ergibt dies eine Steigerung der Gesamtka­paz­ität von rund 38%.
Allein im Bere­ich zwis­chen Burg­wedel und Eidel­st­edt wer­den jedoch Fahrgast­steigerun­gen von 96% (+11.700 Fahrgäste täglich) prog­nos­tiziert. Dies wird ins­beson­dere in den Hauptverkehrszeit­en zu mas­siv über­füll­ten Zügen in weit­en Teilen der Strecke führen. Die S21 ist im Ham­burg­er Bere­ich also bere­its viel zu unter­di­men­sion­iert geplant. Eine Erweiterung der Züge von Vol­lzug (2 Zugein­heit­en) auf Langzug (3 Zugein­heit­en) ist auf­grund der zu kurzen Bahn­höfe im Bere­ich ab Eidel­st­edt bis Kaltenkirchen auf keinen Fall möglich.
 
 
“Mit der S‑Bahn wer­den die Züge viel pünk­tlich­er fahren als bei der AKN.”
Falsch! Die AKN erre­ichte in den ersten 3 Quar­tal­en 2018 eine Pünk­tlichkeit­squote von 97,84%. Ein Teil dieser Ver­spä­tun­gen resul­tierte wiederum aus Ver­spä­tun­gen der S21 und der sich daraus ergebe­nen Verzögerun­gen am Umsteige­bahn­hof Eidel­st­edt. Die S‑Bahn erre­ichte in 2017 hinge­gen nur einen Pünk­tlichkeitswert von 94,72%.
Mit der Lin­ie S21 von Kaltenkirchen bis Aumüh­le wird eine etwa 65 Kilo­me­ter lange Strecke entste­hen. Jede Verzögerung auf dieser Strecke, ins­beson­dere am bere­its heute schon stark über­lasteten Ham­burg­er Haupt­bahn­hof, wird sich bis zu den jew­eili­gen End­hal­testellen bemerk­bar machen.
 
 
“Opti­miertes Ange­bot durch die zusät­zliche Hal­testelle “Schnelsen Süd”.”
Nur teil­weise richtig! Die Fir­ma Intra­plan sagt, dass Bahn­höfe im öffentlichen Per­so­nen­nahverkehr erst ab ein­er Schall­gren­ze von 10.000 Bewohn­ern als „gesamtwirtschaftlich vorteil­haft“ erachtet wer­den. Diese Gren­ze wird bei diesem Bahn­hof keines­falls erre­icht. Die Bahn­höfe Schnelsen und Hör­gensweg, zwis­chen denen die Sta­tion Schnelsen Süd entste­hen soll, sind nur etwa 1.800 Meter voneinan­der ent­fer­nt. Somit wäre zwis­chen den 3 Bahn­höfen nur ein Abstand von etwa 800 Meter.
Für die Schüler der Julius-Leber-Schule und die dor­ti­gen Anwohn­er wäre diese Hal­testelle mit Sicher­heit ein Kom­fort­gewinn. Für alle übri­gen Fahrgäste bedeutet dies einen zusät­zlichen Halt und somit Ein­bußen bei der Fahrzeit.

 

“Durchge­hen­der Fahrbe­trieb am Woch­enende und zusät­zliche Nacht­fahrten erhöhen die Attraktivität.”
Richtig! Die S21 soll auch son­ntags, statt bish­er alle 40 Minuten, im 20-Minuten-Takt fahren. Zusät­zlich soll es am Woch­enende nachts zusät­zliche Fahrten geben. Aber dies kön­nte die AKN bere­its heute jed­erzeit leis­ten. Allein das Land Schleswig-Hol­stein bestellt diese Leis­tung nicht. Warum? Weil die Nach­frage hier­für nicht groß genug ist. Die Tak­ter­höhun­gen der S‑Bahn erfol­gen auch nur aus dem Grund, weil im übri­gen Ham­burg­er Gebi­et die entsprechende Nach­frage vorhan­den ist. Und so ist nicht auszuschließen, dass die S‑Bahn den Takt man­gels Nach­frage ab Eidel­st­edt oder Quick­born aus Grün­den der Wirtschaftlichkeit später wieder reduzieren wird.

 

“Endlich ein durchge­hen­der 10-Minuten-Takt auf der gesamten Strecke.”
Falsch! Dieser Aus­sage hört man immer wieder, sie ent­behrt aber jeglich­er Grund­lage. Zum einen fehlt die entsprechende Nach­frage. Alle Prog­nosen zur Bevölkerungsen­twick­lung ent­lang der Strecke lassen auch nur den Schluß zu, dass es niemals eine entsprechende Nach­frage geben wird. Zum anderen würde es bei einem 10-Minuten-Takt, auf­grund zahlre­ich­er höhen­gle­ich­er Bah­nübergänge, zu starken Staubil­dun­gen kom­men. An den Bah­nüber­gan­gen Pin­neberg­er Straße, Hol­stein­er Chaussee, Norder­st­edter Straße, Garst­edter Weg, Hark­shei­der Weg und Bahn­straße kommt es bere­its beim heuti­gen 20-Minuten-Takt zu lan­gen Rückstaus.

 

“Ent­las­tung der A7 durch Umstieg der Pendler vom Auto auf die Bahn.”
Falsch! Vor dem Beginn der Bauar­beit­en an der Auto­bahn A7, wurde prog­nos­tiziert, dass viele Aut­o­fahrer während der Bauar­beit­en auf die A1 umsteigen wer­den, um dem Stau zu ent­ge­hen. Diese Prog­nose hat sich als vol­lkom­men falsch her­aus­gestellt. Selb­st mit Stau ist die fast par­al­lel zu A1/S21 ver­laufende Auto­bahn meist noch die schnellere Verbindung nach Ham­burg. Dies wird sich noch ver­stärken, wenn erst der 6‑spurige Auto­bah­naus­bau abgeschlossen ist. Die vie­len, his­torisch gewach­se­nen, Hal­testellen an der Lin­ie A1/S21 machen die Verbindung ein­fach zu langsam und für viele Aut­o­fahrer daher unattraktiv.

 

“Mehr ÖPNV-Nutzer und höhere Fahrtkarten­er­löse. Es wird eine Steigerung der Fahrgastzahlen im Ham­burg­er Teil­bere­ich von bis zu 96% erwartet.”
Nur teil­weise richtig! Die stark fre­quen­tierte Hal­testelle Elb­gaus­traße wird von der S21 in der Hauptverkehrszeit gar nicht mehr und in der Neben­verkehrszeit nur alle 20 Minuten ange­fahren. Um dies zu kom­pen­sieren, will man die Fahrgäste, die Elb­gaus­traße bish­er mit Bussen ange­fahren haben, durch den Ver­schwenk von Buslin­ien auf andere Bahn­höfe umleit­en. Insofern han­delt es sich bei den prog­nos­tizierten Fahrgastzuwäch­sen von bis zu 96% größ­ten­teils nicht um Neukun­den, son­dern lediglich um umgeleit­ete Bestand­skun­den. Die prog­nos­tizierten Fahrgastzuwächse in den anderen Streck­en­bere­ichen sind deut­lich niedriger.

 

“Attrak­tiv­itätssteigerung der an die Strecke angren­zen­den Städte und Gemeinden.”
Nur teil­weise richtig! Offen­bar scheint ein “S” statt eines “A” an den Bahn­höfen die Lokalpoli­tik in Begeis­terungsstürme zu ver­set­zen. Nach außen klingt es sicher­lich auch urbaner, wenn man mit einem S‑Bahn-Anschluss wer­ben kann. Dabei wird oft vergessen, dass die AKN bere­its seit Jahrzehn­ten einen zuver­läs­si­gen und ser­vice­ori­en­tierten S‑Bahn-ähn­lichen Betrieb abwick­elt. Und das mit regionalem Bezug, wie Son­der­fahrten zu verkauf­sof­fe­nen Son­nta­gen oder Jahrmärk­ten zeigen.
Ob etwas Pres­tigegewinn die fast 250 Mil­lio­nen Euro Investi­tion­skosten (+ hoher Fol­gekosten) recht­fer­tigt, darf bezweifelt werden.

 

“Ein pos­i­tiv­er volk­swirtschaftlich­er Nutzen. Die aktuell­ste Nutzen-Kosten-Analyse (Stand: 26.01.2015) ergibt einen Kosten-Nutzen-Quo­tien­ten von 1,12. Das bedeutet, dass für jeden investierten Euro ein volk­swirtschaftlich­er Nutzen in Höhe von 1,12 Euro (+0,12) erwartet wird.”
Falsch! Das Pro­jekt gener­iert Kosten von etwa 116 Mil­lio­nen Euro (Stand: 01/2018 — davor war man noch von 90 Mil­lio­nen Euro aus­ge­gan­gen). Hinzu kom­men weit­ere etwa 100 Mil­lio­nen Euro für die Anschaf­fung geeigneter Züge. Erfahrun­gen mit anderen Baupro­jek­ten (z.B. Elbphil­har­monie, Flughafen Berlin oder Stuttgart 21) zeigen, dass diese Kosten noch weit­er ansteigen können.
Eine durch die Bürg­erini­tia­tive Bahn­strasse in Auf­trag gegebene Über­prü­fung der Stand­dar­d­isierten Bew­er­tung, offen­bart Rechen­fehler in der Nutzen-Kosten-Analyse und kommt auf einen deut­lich gerin­geren Nutzen-Kosten-Quo­tien­ten von deut­lich unter 1. Somit würde jed­er investierte Euro einen volk­swirtschaftlichen Schaden ergeben. Derzeit wird die Stan­dar­d­isierte Bew­er­tung über­ar­beit­et und auf die aktuellen Aus­gangswerte angepasst.

 
 
“Die S21 ist DIE Zukun­ft­slö­sung für unsere Region.”
Falsch! Denn …
  • die Kreuzung Bahnstraße/Berliner Damm (Quickborn/Ellerau) ist bere­its jet­zt ein Nadelöhr und Aus­lös­er für Staus und lange Wartezeit­en. Jede Tak­tverdich­tung wird die Sit­u­a­tion noch weit­er ver­schlim­mern. Wie das Prob­lem der höhen­gle­ichen Kreuzung gelöst wer­den soll, ist bish­er nicht bekannt.
  • man set­zt auf stör- und wet­ter­an­fäl­lige Oberleitungstechnik.
  • Prob­leme durch ein­gleisige Streck­en­ab­schnitte (vor Ulzburg-Süd und zwis­chen der Bahn­höfen Wohltorf und Aumüh­le) wer­den nicht beseitigt.
  • das Pro­jekt führt zu steigen­den Lärm­be­las­tun­gen von Anliegern und Umwelt durch Tak­tverdich­tung zu poten­tiellen Ruhezeit­en (nachts/Sonntags), län­gere und schw­erere Züge und eventuell möglichen Güterverkehr.
  • eine ganze Region wird durch bis zu 14 Meter hohe Mas­ten mit Ober­leitun­gen und Ver­stärk­er­seilen optisch abgewertet.
  • viele pri­vate Grund­stücke gren­zen direkt an die Bah­n­trasse an. Ettliche Wohn­häuser ste­hen zudem dicht an den Gleisen. Lärm­schutz­maß­nah­men sind jedoch nicht vorge­se­hen. Während die Strecke immer weit­er ertüchtigt wird, tut man für die Anwohn­er nicht mehr als das rechtlich vorgeschriebene Minimum.
  • mehrjährige Bauar­beit­en führen zu Lärm und Ein­schränkun­gen im Straßen ‑und Bahnverkehr.

 

 

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