Kleine (An-)Frage – knappe Antwort

Eine „Kleine Anfrage“ ist eine Möglichkeit der Opposition, um im Rahmen der parlamentarischen Kontrolle verbindliche Auskünfte der Regierung zu erhalten. Eine solche Anfrage zum Thema „Ausbau der AKN-Linie A1 zur S21“ hat Herr Vogt/FDP im Schleswig-Holsteiner Landtag gestellt.

Die Antworten auf die „Kleine Anfrage“ überraschen zumeist nicht. Dennoch fällt einem auf, dass die Antworten der Landesregierung teilweise sehr knapp ausfallen. Nachvollziehbar, denn viele Informationen bieten viel Angriffsfläche.

Wir möchten eine Reihe von Punkten dennoch näher betrachten und aus unserem Blickwinkel darstellen:

2. Welche Verzögerungen hat es bei der Planung aus welchen Gründen gegeben? Bitte erläutern.

Antwort
Bisher sind keine Verzögerungen entstanden, sodass sich das Projekt weiterhin im Zeitplan befindet.

Die Presse berichtete diesbezüglich, dass die für die Planung mitverantwortliche AKN die Umweltverträglichkeitsprüfungen zunächst für nicht notwendig hielt und deswegen erst mit erheblicher Verspätung in Auftrag gab, was den Start der Planfeststellung um gut ein halbes Jahr verzögert haben sollte.

9. Wie ist der aktuelle Sachstand beim Bahnübergang in Ellerau? Bitte erläutern.

Antwort
Der Bahnübergang Bahnstraße in Ellerau wird im Rahmen der Ausbaumaßnahmen angepasst. Dabei wird auch die Schrankenschließzeit optimiert bzw. verkürzt.

Das klingt gut, ist es natürlich auch…aber es ist nur die halbe Wahrheit. Erneut weisen wir darauf hin, dass die „Schrankenschließzeit“ nur einen Teil der gesamten Schließzeit ausmacht. Denn bevor die Schranken schließen, müssen Ampeln geschaltet und die Bereiche sicher geräumt werden. Und eben diese Phase bis zum Schließen der Schranken wird sich aufgrund des größeren Räumungsbereichs (auch der Bahnübergang wird zweigleisig ausgebaut) verlängern. Somit sind die Änderungen an der gesamten Schließzeit eher gering, sofern überhaupt vorhanden.

6. Inwieweit wurden die betroffenen Anwohner bisher über die Planungen informiert bzw. welche Maßnahmen zur Information der betroffenen Anwohner sind noch wann geplant? Bitte erläutern.

Antwort
Im Rahmen der Planungen haben bisher umfangreiche informelle und formelle Öffentlichkeits-/Beteiligungsverfahren stattgefunden, u. a. mit der Bürgerinitiative in Ellerau. Hinzu kam ein Besuch des Ministers in Ellerau am 20.10.2015 sowie im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung Informationsveranstaltungen in Henstedt-Ulzburg am 25.11.2015, in Hamburg-Schnelsen am 10.11.2015 und in Ellerau am 13.10.2015. […]

Diese Antwort hat uns überrascht und zeigt die Differenzen zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung auf. An folgenden Terminen haben wir bisher teilgenommen:

In der Antwort der Landesregierung genannte Termine:

  • 13. Oktober 2015 & 25.11.2015 – Infoveranstaltungen in Ellerau und Henstedt-Ulzburg
    Gesetzliche vorgeschriebene allgemeine Informationsveranstaltungen im Rahmen der „frühen Öffentlichkeitsbeteiligung“ (Wir berichteten jeweils: Ellerau & Henstedt-Ulzburg).
  • 20. Oktober 2015 – Teilnahme am „Runden Tisch“ in Ellerau
    Allgemeines Gespräch über die Situation vor Ort, zu dem wir eingeladen wurden. Unsere Bedenken wurden vorgetragen, aber lediglich zur Kenntnis genommen.

Weitere Termine:

  • 01. Oktober 2015 – Treffen mit der NAH.SH
    Ein kurzes Informationsgespräch mit Vertretern der NAH.SH, welches auf unsere Bitte hin zustande kam und ohne konkrete Aussagen der planungsverantwortlichen NAH.SH blieb.
  • 17. Februar 2016 – Teilnahme am Scoping
    Hierbei handelte es sich um ein Fachgespräch zu Umweltthemen (Vorgespräch zur Umweltverträglichkeitsprüfung) ohne Konkretisierung oder weitergehender Beteiligung. Zu dieser gesetzlich vorgeschrieben Veranstaltung der Planfeststellungsbehörde mussten wir aufgrund rechtlicher Vorschriften geladen werden.
  • 14. April 2016 – Treffen mit der NAH.SH/Intraplan/S-Bahn Hamburg
    Erörterungsgespräch zur Studie der Standardisierten Bewertung welches nach langem Drängen unsererseits stattfand.

Neben den in der Antwort der Landesregierung extra erwähnten Terminen haben wir also an 3 weiteren Gesprächen teilgenommen. Diese hatten jeweils einen zeitlichen Umfang von etwa 1-3 Stunden und meist informativen Charakter. Im besten Falle wurden unsere Bedenken und Anregungen dort zur Kenntnis genommen. Laut unserem Verständnis, ist das weder als umfangreich noch als Beteiligung zu bezeichnen.

Was verstehen wir als Bürgerinitiative unter umfangreicher Beteiligung?
Wir meinen mit dem Wort „Bürgerbeteiligung“ dialogorientierte Verfahren, die Bürger und Entscheidungsträger frühzeitig zusammenbringen, um gemeinsam über politische Entscheidungen oder Planungen zu beraten. Dabei spielen besonders folgende Qualitäten eine Rolle:

  • Gemeinsame Lösungen: Die Beteiligungsprozesse sollten dazu dienen, zu einer von möglichst allen Beteiligten entwickelten und getragenen Lösung zu gelangen.
  • Faire Prozesse: Alle sollten das Gefühl haben, dass der Beteiligungsprozess fair verlief, weil das Verfahren transparent abgelaufen ist und stets Gelegenheit bestand, für die eigene Position die besten Argumente darzulegen.
  • Dialog auf Augenhöhe: Bürger, Entscheidungsträger, Mitarbeiter der AKN, Behördenvertreter, lokale betroffene Vereine/Verbände und andere Experten sollten sich respektvoll und auf Augenhöhe verständigen.
  • Professionelle allparteiliche Moderation: Die Moderation hat die Aufgabe, dass alle Anliegen ernst genommen werden und für alle Beteiligten jederzeit nachvollziehbar ist, worum es gerade geht.
  • Echter Handlungsspielraum: Eine Bedingung ist, dass es sich bei den Beteiligungsprozessen nicht um „Alibi-Beteiligung“ handeln darf. Beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist der Entscheidungsspielraum zwar eingeschränkt, in den Beteiligungsprozessen können aber dennoch wichtige Aspekte mitgestaltet werden. Außerdem ist es wichtig, fixe Vorgaben und Einschränkungen transparent zu kommunizieren.

7. Wie viele private Grundstücke werden an welchen Streckenabschnitten inwiefern für die Realisierung des Projektes benötigt? Gab es mit den Eigentümern bereits Gespräche über einen Verkauf bzw. eine Entschädigung bzw. wann ist dies geplant?

Antwort
[…] Die Zahl der betroffenen privaten Grundstücke und Eigentümer beträgt in der Freien und Hansestadt Hamburg 28, in Schleswig-Holstein sind 202 private Grundstücke und 157 Eigentümer betroffen.
Derzeit wird zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein das Verfahren zur Aufnahme von Verkaufs- bzw. Entschädigungsverhandlungen abgestimmt. Im Anschluss sollen dann konkrete Verkaufs- bzw. Entschädigungsgespräche geführt werden.

Warum müssen sich Hamburg und Schleswig-Holstein an dieser Stelle abstimmen? Es handelt sich um zwei weitestgehend unabhängige Verfahren. Der Verdacht liegt nah, dass Gespräche mit den Eigentümern erst nach Ende der Einwendungsphasen stattfinden, also ab einem Zeitpunkt wo es kaum noch Möglichkeiten gibt, sich gegen das Vorhaben zu wehren, um so die Anzahl der Beschwerden und Einwendungen zu minimieren. Keine sehr Vertrauen fördernde Verhaltensweise.

Manchmal weiß man nicht mehr so recht, ob man weinen oder lachen soll. Daher schließen wir diesen Beitrag mit einem Video. Vorsicht: Satire!