Anfrage zur Kreistagswahl

Aus zahlreichen Gesprächen mit Politikern aus Land und Kommunen, sind uns die dort vorherrschenden Meinungen zum „Projekt S21“ durchaus bekannt. Aber wie ist das mit der Kreispolitik? Da am 6. Mai nicht nur Kommunalwahlen, sondern auch zeitgleich Kreistagswahlen stattfinden, haben wir die Gelegenheit genutzt und die 8 zur Kreistagswahl antretenden Parteien zu deren Meinung zum geplanten Ausbau befragt. Folgender Brief ging an

  • CDU
  • SPD
  • FDP
  • Grüne
  • Linke
  • Wählerinitiative Kreis Segeberg (Wi-Se)
  • Freie Wähler
  • AfD

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Bürgerinitiative Bahnstraße aus Ellerau vertritt etwa 100 durch den geplanten Ausbau der Bahnstrecke nach Kaltenkirchen grundstücksbetroffene Bahnanlieger. Zudem stehen wir im Kontakt mit weit über 100 weiteren Anwohnern entlang der gesamten Strecke.

Im Zuge des „Projekts S21“ soll die AKN-Strecke von HH-Eidelstedt bis Kaltenkirchen auf etwa 15 Kilometern Länge mit Oberleitung versehen und die letzten beiden eingleisig verbliebenen Abschnitte von insgesamt etwa 3 Kilometern Länge zweigleisig ausgebaut werden, um künftig von der Linie S21 der S-Bahn Hamburg GmbH bedient werden zu können. Dadurch soll eine umsteigefreie Verbindung von Kaltenkirchen bis zum Hamburger Hauptbahnhof ermöglicht und ferner die Fahrzeit um etwa 1 1/2 bis 4 1/2 Minuten (je nach Fahrtrichtung) verkürzt werden.

Entlang des Strecke sind dafür Grunderwerb und Dienstbarkeiten für die Oberleitungsmasten sowie für das zweite Gleis notwendig. In einem besonders betroffenen 800 Meter langen Abschnitt in Ellerau wird das neue zweite Gleis inklusive Masten und 4 Meter hoher Lärmschutzwand auf bis zu 5 Meter an die vorhandene Wohnbebauung heranrücken. Die in Südlage befindlichen Gärten werden dadurch massiv beschnitten und kaum noch nutzbar. Ferner herrscht bei den Anliegern entlang der Strecke große Angst und Unsicherheit hinsichtlich eventueller Gesundheitsgefahren durch die sehr nahen Hochspannungsleitungen, Taktverdichtungen und den möglichen Güterverkehr.

Auch wenn wir Verbesserungen im ÖPNV grundsätzlich für richtig und wichtig halten, sind für uns Betroffene der weitere Fortgang des „Projekts S21“ und mögliche Alternativvarianten sehr entscheidende Zukunftsfragen. Deshalb möchten wir Sie um schriftliche Beantwortung einiger Fragen zu dem Thema bitten.

1. Wie steht die/stehen die [Parteiname] ganz allgemein zur geplanten Elektrifizierung mittels Oberleitungen und dem vollständigen zweigleisigen Ausbau der AKN-Linie „A1“ zur S-Bahn-Linie „S21“?

2. Welche Möglichkeiten und/oder Alternativen sieht die/sehen die [Parteiname] im Hinblick auf die gesundheitlichen Sorgen (Lärm & Elektrifizierung) der Bahnanlieger und zahlreichen Grundstücksbetroffenheiten entlang der gesamten Strecke (im Kreis Segeberg: Ellerau und Henstedt-Ulzburg)?

3. Wie steht die/stehen die [Parteiname] dazu, dass im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Alternativen zur Oberleitung, wie der Akkubetrieb, nicht geprüft wurden? Welche Möglichkeiten sehen Sie, diese Prüfung nachzuholen?

4. In welcher Form wird/werden sich die [Parteiname] im Segeberger Kreistag dafür einsetzen, damit der ÖPNV eine ökonomisch und ökologisch sinnvolle Optimierung erfährt, die nach Möglichkeit alle Interessen Betroffener (Bahnfahrer wie Bahnanlieger) berücksichtigt?

Über eine Rückmeldung bis zum 30.04.2018 würden wir uns sehr freuen.

Wir haben alle für den Segeberger Kreistag kandidierenden Parteien und Wählervereinigungen mit den identischen Fragen kontaktiert und beabsichtigen das Ergebnis gegenüber unseren Mitgliedern zu kommunizieren und auf der Homepage der Bürgerinitiative Bahnstraße zu veröffentlichen.

Vielen Dank vorab für Ihre Mühe.

Mit freundlichen Grüßen
Bürgerinitiative Bahnstraße

Die Antworten, die wir erhielten, waren vom Inhalt und Umfang sehr unterschiedlich.

Zunächst erhielten wir ein Schreiben der „Freien Wähler“. Man spricht sich zwar für ein „leistungsfähiges und kostengünstiges Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln“ aus. Aber weiter heißt es: „Das Angebot der AKN auf der Strecke zwischen Kaltenkirchen und Hamburg (A 1) ist zeitgemäß und grundsätzlich leistungsfähig. Das Projekt einer S-Bahn auf gleicher Strecke überzeugt nicht, da der Effekt mit einer Fahrzeitverkürzung von 5 Minuten auf der Gesamtstrecke die Investitionen nicht rechtfertigt und die von Ihnen beschriebenen negativen Folgen nicht aufwiegt.“

thumbnail of Wahlanfrage Freie WählerDie vollständige Antwort der Freien Wähler

Kurz darauf erhielten wir auch ein Schreiben der „Wählerinitiative-Segeberg“ kurz: „Wi-Se“. Inhaltlich wird darin gar nicht auf das Projekt S21 eingegangen, auch wenn man sich ernsthaft für das Thema zu interessieren scheint, da man sich nach unserer Anfrage „sehr intensiv über den Stand des Planfeststellungsverfahren sowie die Möglichkeiten von alternativen, technischen Lösungen informiert“ habe. Auf den ersten Blick war dies eine sehr enttäuschende Antwort. Bei genauerer Betrachtung war das aber eine überaus ehrliche Herangehensweise an unsere Anfrage. Denn es wird sehr ausführlich beschrieben, warum der Kreistag hier keine Mitsprachrecht hat und an wen wir uns stattdessen wenden können.

thumbnail of Wahlanfrage Wi-SeDie vollständige Antwort der Wählerinitiative Kreis Segeberg (Wi-Se)

Außerdem erhielten wir noch eine recht kurze Antwort der SPD, die ebenfalls ehrlich antwortet, dass man als Kreis kein Mitspracherecht hat. Nicht jedoch ohne nochmal darauf hinzuweisen, dass man einer Elektrifizierung grundsätzlich positiv gegenübersteht, man aber inhaltlich zum Thema und zu Alternativen nichts weiter sagen kann.

thumbnail of Wahlanfrage SPDDie vollständige Antwort der SPD

Am erbetenen Rückmeldetag bekamen wir dann die Antwort der AFD, in der der Ellerauer Gemeindevertreter Heiko Evermann meist seine persönliche Sicht der Dinge schildert. Grundtenor ist jedoch: „Die AfD im Kreis Segeberg setzt sich für den Ausbau der AKN-Strecke zur S21 ein. Dies ist Teil unseres Kommunalwahlprogramms. Wir sehen in diesem Ausbau eine deutliche Verbesserung des ÖPNV im Achsenraum.“ Weder eine Elektrifizierung mittels Akku-Technik, noch eine Eingleisigkeit auf dem Teilstück zwischen Ellerau und Tanneneck halte man für sinnvoll.

thumbnail of Wahlanfrage AFDDie vollständige Antwort der AFD

Am Tag nach der erbetenen Rückmeldefrist erhielten wir noch die Antwort der CDU. Die geplante Elektrifizierung und vollständige Zweigleisigkeit begrüßt die CDU sehr, schließlich sei dies ja bereits 2011 so beschlossen worden. Zu möglichen Alternativen wird auf das laufende Planfeststellungsverfahren verwiesen.

thumbnail of Wahlanfrage CDUDie Vollständige Antwort der CDU

Weitere aussagekräftige Antworten gab es von der FDP, den Grünen und den Linken…nämlich gar keine! Lässt dies den Schluss zu, dass diesen Parteien die Interessen betroffener Bürger des Kreises Segeberg gleichgültig sind? Auch wenn wir nur eine Minderheit darstellen, kann man doch sicher erwarten, dass einem zumindest Gehör geschenkt wird und das Thema wenigstens eine kurze Rückmeldung wert ist. Wenn man es schon nicht schafft auf eine sachliche Anfrage zu antworten, wie will man sich da um die Belange eines ganzen Kreises kümmern können? Zugegeben: Der Kreispolitik sind vielfach die Hände gebunden und man kommt nicht selten recht zahnlos zwischen Kommunal- und Landespolitik daher. Das ist sicher ein Grund, weshalb die Kreispolitik von den Bürgern vor Ort eher nur beiläufig wahrgenommen wird. Wenn man sich jedoch keine Mühe gibt, für die Bürger im Kreis wenigstens Ansprechpartner zu sein, muss man sich über ein Image als politische Randerscheinung auch nicht wundern.

Den Parteien, die uns geantwortet haben, möchten wir recht herzlich danken. Auch wenn wir verschiedene Aussagen aufgrund der persönlichen Betroffenheit und des mittlerweile erworbenen Hintergrundwissens nicht unbedingt teilen, möchten wir an dieser Stelle nicht im Detail auf einzelne Aussagen eingehen. Auch wollen wir keine Wahlempfehlung für oder gegen eine Partei aussprechen. Vielmehr möchten wir mit diesem Beitrag alle Wähler ermuntern, sich selbst ein Bild zu machen. Wie auch immer Sie sich entscheiden: Bitte nutzen Sie Ihre Stimme und gehen Sie am 6. Mai wählen!

2 Gedanken zu „Anfrage zur Kreistagswahl“

  1. es ist nicht richtig das wegen der bahnübergänge nur oberleitungen in frage kommen dieses ist auf der strecke nach wedel nicht so und dort sind auch bahnübergänge und die stromabnehmer sind seitlich angebracht wenn hier in ellerau ein politiker davon betroffen wäre würde die sache anders ausfallen ich hoffe nur es kommt nicht zu einem zweiten gleis
    mit freundlichen grüßen Günter Franke

    • Guten Tag,

      bisherige Bauwerke in Hamburg und Berlin genießen sogenannten Bestandsschutz. Das Eisenbahnbundesamt genehmigt keine neuen Bahnübergänge an Strecken mit Stromschiene mehr.

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